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KIKI → Eine Influencerin beginnt zu zweifeln

KAPITEL 3/10

TEIL II

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Sich eine Meinung bilden, sich hinstellen und die eigene Meinung äussern – das war auch für Kiki Boreel, das niederländische Model an der Kopenhagener Fashion Week, ein Prozess, der einige Zeit beansprucht hat. Sie war 16, als sie mit dem Modeln angefangen hat. Mit 18 zog sie beruflich bereits um die Welt: «Es war grossartig. Das Modeln war ein Job, der wirklich Spass gemacht hat. Ich habe wunderschöne Orte besucht, konnte mit kreativen Menschen, mit grossen Marken und genialen Fotografen zusammenarbeiten. Das war eine echt schöne Aufgabe. Instagram war damals noch recht neu, jedenfalls für mich. Erst in New York ist mir bewusst geworden, welche Rolle Instagram spielt, denn bei einem Model-Casting wird man gefragt, wie viele Follower man hat. Wenn sie ein Model buchen, wollen die Marken sicher sein, dass das Model viele Follower hat.

Deswegen habe ich angefangen, mehr auf Insta zu veröffentlichen.

Später habe ich mich auf das Studium der Umweltwissenschaften konzentriert. Denn ich hatte den Wunsch, mein Gehirn wieder mehr zu fordern, ihm etwas beizubringen. In Vorlesungen und in Büchern ging es zwar oft um den Umgang des Menschen mit der Natur, aber ich stellte zunächst keine Verbindung zur Mode her.

Allmählich aber lernte ich, dass die Modeindustrie einen grossen Anteil am Klimawandel und am Verlust der Artenvielfalt hat. Das war für mich der Wendepunkt, eine Einsicht folgte der nächsten. Meine Gedanken entwickelten sich ständig weiter. Was benötigt ein ökologisches System, um gesund zu sein? Was bedeutet soziale Gerechtigkeit? Wie nuanciert und mit wie vielen Perspektiven müssen wir über diese Themen sprechen?

Ich habe bemerkt, ich werde die falsche Zukunft aufbauen, wenn ich weiterhin für Fast-Fashion-Marken arbeite. Der ganze Prozess – das Studium, das Verstehen der Zusammenhänge, dann meine Entscheidung, anders zu arbeiten, zu handeln und zu kommunizieren – hat etwa ein Jahr gedauert.

Es war auch schmerzhaft zu erkennen, dass ich, als ich jünger war, von dieser Modewelt getäuscht und geblendet worden war; ich habe nicht sehen können, welchen Schaden sie anrichtete, bis ich über Ressourcen und Umwelt las.

Zuerst war ich, wahrscheinlich wegen meines Studiums, vor allem auf das Thema Ökologie fokussiert, auf Verschmutzung, Treibhausgase, Artenverlust, Wasserverbrauch und Belastung von Gewässern. Erst später ist mir klargeworden, wie wichtig die soziale Komponente ist. Wie wichtig es ist, über faire Arbeitsbedingungen zu sprechen.»