21. Juni 2025

True Story Award 2025: Die Gewinner:innen

Am vergangenen Freitagabend wurde der True Story Award 2025 vergeben. Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie im Kursaal Bern hielten Nationalratspräsidentin Maja Riniker und der russische Friedensnobelpreisträger Dmitrji Muratow Reden. Der globale Journalismuspreis, den Reportagen initiiert hat und als Medien-Partner begleitet, wurde erstmals in drei Kategorien vergeben: Storytelling, Recherche, Impact.

Gewinner in der Kategorie Storytelling ist Philippe Broussard. Der Journalist der französischen Tageszeitung Le Monde schrieb über den Fund eines namentlich nicht zuzuordnenden Fotoalbums aus dem von den Nazis besetzten Paris. Am Ende einer vierjährigen Recherche gelang es Broussard, die Identität des Mannes festzustellen, der wegen seiner Fotografien von den Nazis deportiert wurden war. Broussard habe eine eindrucksvolle Erzählung geliefert, die einem übersehenen Menschen einen Platz in der Geschichte verschaffe, urteilte die Jury.

Gewinnerin in der Kategorie Recherche ist die ägyptische Journalistin Sara Abu Shadi. In ihrem Text für das Nachrichtenportal Masrawy schildert sie, wie ägyptische Studenten, die von einem Leben in Europa träumen, im Netz von Russland für den Krieg gegen die Ukraine angeworben und dort ohne militärische Ausbildung eingesetzt werden. Es sei eine akribische und unerschrockene Recherche, die enthüllt, wie soziale Netzwerke zu Kriegszwecken genutzt werden, urteilte die Jury.

In der Kategorie Impact, die die Wirkung einer Reportage auf Gesellschaft, Politik und Wirtschaft würdigt, zeichnete die Jury zwei Arbeiten aus. Sie seien beide aussergewöhnliche Beispiele für mutige und wirkungsvolle Berichterstattung in einer Zeit, in der die Integrität des Journalismus weltweit bedroht ist.

Der ägyptische Journalist Murad Higazy beschreibt in seiner Recherche für Mada Masr, wie Ibrahim Al-Organi, einer der politisch wirkungsmächtigsten Unternehmer Ägyptens, an der Grenze zu Gaza mit der Einfuhr von Hilfsgütern, Treibstoff und mit Visageschäften ein Vermögen macht. In der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit nimmt Ägypten einen der hintersten Plätze ein. Nach der Veröffentlichung wurde der Chefredakteur des Online-Mediums wegen der Recherche von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeladen.

Der US-Reporter Alex Perry reiste nach einem islamistischen Angriff nach Moçambique. Als er vor Ort feststellt, dass es keine offiziellen Todeszahlen gibt, stellt er ein Team zusammen, dass Tausende Menschen vor Ort befragt und über 1500 Tote nachweisen kann. Dabei kommt ein weiteres Massaker an der Zivilbevölkerung ans Licht der Öffentlichkeit, das Soldaten auf dem Betriebsgelände von TotalEnergies verübt haben. Das Energieunternehmen will vor der Küste Moçambiques Gas fördern und streitet seine Verantwortung ab, was Perry in seinem Text für Politico ebenfalls beschreibt.

8. Oktober 2024

Crowdfunding-Kampagne erreicht einen erfolgreichen Abschluss 

Unsere erste Crowdfunding-Kampagne – ein Gemeinschaftsprojekt des Reportagen-Recherchefonds mit der Crowdfunding Plattform wemakeit – hat einen erfolgreichen Abschluss gefunden.

Insgesamt haben wir 24’122 Franken von unseren Leserinnen und Lesern erhalten, um die angekündigte globale Betrachtung zur Fast Fashion-Industrie umzusetzen.

Ein grosses Danke an alle, die uns unterstützt haben!

Unsere Autorinnen und Autoren sind bereits unterwegs oder machen sich demnächst auf den Weg nach China, zum weltweit grössten Kleidungshersteller, nach Indien, wo Bio-Baumwolle den Bauern neue Perspektiven eröffnen soll, nach Santo Domingo, um an der Grenze zu Haiti Näherinnen und Näher zu besuchen, die weltweit zu den schlechtbezahltesten der Branche gehören, nach Ghana, wo findige Unternehmer aus Europas Secondhandkleidung neue Labels kreiern, und in der Schweiz, wo der Baumwollhandel zu Hause ist.

Im Frühling 2025 erscheint die XXL-Reportage in unserer Ausgabe #82 –und als Spezial-Edition für Unterstützerinnen und Unterstützer.

6. September 2024

Recherchefonds × wemakeit: Eine globale Betrachtung zu den Kleidern, die wir tragen

Mit einer Reportage wollen wir nicht bloss einen Aspekt der globalen Kleiderproduktion beleuchten, sondern die grossen Zusammenhänge. In einer Kollaboration des Reportagen-Recherchefonds mit der Crowdfunding Plattform wemakeit versuchen wir, diese Geschichte im Frühjahr 2025 in unserem Magazin zu erzählen.

Wie kann ein T-Shirt 5 Schweizer Franken oder sogar deutlich weniger kosten? Und wieviel müsste uns dasselbe Kleidungsstück eigentlich wert sein, wenn seine Produktion nicht in Teilen auf sozialer und ökologischer Ausbeutung beruhen würde? Davon möchten wir in einer weltumspannenden Recherche entlang der gesamten Liefer- und Verwertungskette unserer Kleider erzählen. Und wir zeigen auf, welche historisch gewachsene und aktuelle Rolle die Schweiz dabei spielt

Eine globale Betrachtung zu den Kleidern, die wir tragen

Mit einer Reportage wollen wir nicht bloss einen Aspekt der globalen Kleiderproduktion beleuchten (wie zum Beispiel in unserer Geschichte Emanzipation durch Nähen), sondern die grossen Zusammenhänge. Der Modemarkt befindet sich gerade im Umbruch. Ultra-Fast-Fashion-Unternehmen wie Temu oder Shein drängen auf den Markt, mit radikal verkürzten Produktionszyklen, IT-Innovationen und konkurrenzlos günstigen Preisen verändern sie unser Kaufverhalten und setzen etablierte Marken und Modehändler mächtig unter Druck. Welche Auswirkungen hat das auf die Menschen entlang der gesamten Kette?

Für die aufwändige Recherche brauchen wir Unterstützung

Die grosse Magazin-Geschichte erzählt von diesen Veränderungen an sechs Schauplätzen: Wir treffen Baumwollproduzenten in Indien, Fabrikarbeiter im Krisenstaat Haiti, eine Designerin aus dem Fast-Fashion-Umfeld in China, eine australische Influencerin in der Modemetropole Kopenhagen und einen Schweizer Baumwollhändler. Und in Ghana, wo kaum getragene Kleidung aus Europa auf Müllbergen endet, treffen wir innovative Recycling-Unternehmer. Diese Recherche sprengt bei der Planung und der Umsetzung unsere Möglichkeiten als unabhängiges Magazin: Neben fairen Honoraren für die Reporter:innen fallen Kosten für Reisen, Übernachtungen und Verpflegung an.

Reportagen-Recherchefonds X wemakeit

In einer Kollaboration des Reportagen-Recherchefonds, mit dessen Mitteln wir u.a. die investigative Recherche Die Causa Blausee umgesetzt haben, und der Schweizer Crowdfunding Plattform wemakeit versuchen wir, diese Geschichte im Frühjahr 2025 in unserem Magazin zu erzählen. Helfen Sie uns jetzt dabei, unsere bislang aufwändigste Recherche auf die Beine zu stellen.

16. August 2024

DRK-Medienpreis 2024 für Reportagen-Autor

Unser Autor Andreas Wenderoth ist für seine Geschichte "Liebe im Aquarium" mit dem DRK-Medienpreis 2024 in der Kategorie Text ausgezeichnet worden.

Wir freuen uns sehr und gratulieren!

Der DRK Medienpreis würdigt journalistische Arbeiten, die sich mit den Grundsätzen des Deutsches Rotes Kreuz beschäftigen: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit, Universalität.



Foto: Pentermann

7. Juni 2024

Alles wird anders: Reportagen×annabelle ist da

annabelle und Reportagen machen gemeinsame Sache: Unter dem Titel «Alles wird anders» widmen wir uns den grossen Umbrüchen und Wendepunkten unserer Zeit. Die Ausgaben sind jetzt am Kiosk erhältlich.

Als die beiden Redaktionen von annabelle und Reportagen zusammenkamen, wussten wir noch nicht, wie eine Kooperation aussehen könnte. Doch schnell wurde uns klar: Gemeinsam Geschichten anzudenken, ist produktiver als das Grübeln in der eigenen Redaktionstube. Das dominierende Gefühl im Raum: Wir befinden uns in turbulenten Zeiten. Die Welt verändert sich in vielen Bereichen bahnbrechend und rasend schnell: künstliche Intelligenz, geopolitische Verschiebungen, die Überalterung der Gesellschaft, neue Formen der Liebe und des Zusammenlebens, Innovation im Bereich der Biologie, Klimawandel. Überall sahen wir Geschichten, die wir erzählen wollten.

Das titelgebende Motto dieser Doppelausgabe, «Alles wird anders», ist Ausdruck der Zeitgeschehens und gilt ebenso für unsere Branche. Verlegerisches Konkurrenzdenken wich bei uns der Überzeugung, dass sich Leser und Leserinnen für gute Geschichten interessieren, wo immer sich diese finden lassen. Und schliesslich wollten wir der allgemeinen Verunsicherung das Potenzial von Veränderungen gegenüberstellen.

Komplementär zu einer Reportage über drei junge Menschen, die in einer fluiden Dreiecksbeziehung leben, erfahren Sie in der annabelle im Interview mit der amerikanischen Schriftstellerin Molly Roden Winter, wie schwierig und bereichernd es ist, nach neun Jahren eine monogame Ehe zu öffnen. Der Fotostrecke über eine Jugend in Zürich steht in Reportagen eine Reportage über eine Senioren-WG auf dem Bauernhof gegenüber. Und während an der Küste Panamas Inselbewohner als Klimaflüchtlinge auf das Festland umgesiedelt werden, erlebt unsere Autorin auf ihrem Segelboot den Wassermangel im Panamakanal hautnah.

Wir wünschen eine doppelt bereichernde Lektüre!

Barbara Loop, Chefredaktorin annabelle
Daniel Puntas Bernet, Chefredaktor Reportagen

Barbara Loop, Chefredaktorin annabelle & Daniel Puntas Bernet, Chefredaktor Reportagen. Bild: Simon Habegger

27. Mai 2024

True Story Festival 2024 erreicht 3000 Besucher:innen

Am Wochenende ist Bern zur Hauptstadt des globalen Journalismus geworden. Bei über 40 Publikumsveranstaltungen in der Innenstadt erzählten Journalisten und Journalistinnen aus aller Welt von ihren für den True Story Award 2024 nominierten Recherchen und von ihrer Arbeit. 3000 Besucher untermauern den Stellenwert des True Story Festivals als bedeutende weltweite Leistungsschau des Journalismus.   

Zum Festivalsauftakt am Freitagnachmittag berichteten anlässlich des Coummunity Events für die nominierten Reporter und Schweizer Journalistinnen Jean Peters und David Schraven über die Recherche von Correctiv über ein rechtsextremes Geheimtreffen in Potsdam. Die Enthüllung von Vertreibungsplänen hatte zu Jahresbeginn deutschlandweit zu Demonstrationen geführt. Danach sprach Holger Stark, stellvertretender Chefredakteur der ZEIT, mit Stella Assange über die Situation ihres Mannes, WikiLeaks-Gründer Julian Assange, dem weiterhin die Auslieferung in die USA droht. Die Anwältin betonte, dass eine Verurteilung ihres Mannes in den USA dazu führen könne, dass weltweit kein Journalist mehr vor einer Strafverfolgung wegen Geheimnisverrats sicher sein könne.   

An der Award-Zeremonie am Freitagabend stellte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider in ihrer Begrüssungsrede im Kursaal die Bedeutung von Journalismus heraus. Sie appellierte an die gesamte Gesellschaft, das Konzept von Wahrheit zu verteidigen. Der Schweizer Karikaturist Patrick Chappatte führte im Anschluss durch eine Galerie seiner politischen Cartoons aus den vergangenen Jahren. Bei der anschliessenden Preisverleihung wurde der indische Journalist Rahul Bhatia für seine Reportage The Trials of an Indian Witness: How a Muslim Man was caught in a Legal Nightmare mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Er erhielt ein Preisgeld in Höhe von 25 000 Schweizer Franken. Mit dem 2. Preis wurde die US-Reporterin Hannah Dreier für ihre Reportage The Kids on the Night Shift geehrt. Der 3. Preis ging an Juan José Martínez d’Aubuisson aus El Salvador für seine Geschichte We, the massacred.

Am Samstag und Sonntag erzählten 45 Journalist:innen aus 25 Ländern bei Publikumsgesprächen in acht Locations in der Berner Innenstadt von ihren Recherchen und lieferten dabei authentische Einblicke in ihre Arbeit. An den Veranstaltungen haben etwas mehr als 3000 Besucher teilgenommen. «Der Zuspruch unseres Publikums zeigt für mich, dass sich Menschen für spannende Geschichten und relevante Recherchen rund um den Globus interessieren. Und für einen direkten Austausch und die Hintergründe von journalistischer Arbeit», sagt die Programmleiterin des True Story Festivals, Rocío Puntas Bernet.

Bilder: Meinrad Schade

24. Mai 2024

Die Gewinnerinnen und Gewinner des True Story Award 2024 stehen fest

Am 24. Mai 2024 wurden in Bern die Gewinnerinnen und Gewinner des True Story Award 2024 bekannt gegeben. Die Gewinnerinnen und Gewinner setzten sich gegen 33 weitere Nominierte durch.

Am Freitagabend wurden in Bern die Gewinnerinnen und Gewinner des True Story Award 2024 bekannt gegeben. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider eröffnete die Preisverleihung vor 300 Gästen, darunter die 36 nominierten Reporterinnen und Reporter. Anschliessend skizzierte der Cartoonist Patrick Chappatte in einer spannenden Keynote den aktuellen Stand der globalen Medienlandschaft. Der Höhepunkt des Abends war die Bekanntgabe der drei Preisträger durch die Hauptjury.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider bei der Preisverleihung. Bild: Meinrad Schade
Cartoonist Patrick Chappatte. Bild: Meinrad Schade

Der erste Preis geht an ein Werk, das sich durch seine Originalität, seine Finesse und seine akribische Liebe zum Detail auszeichnet. Ein Mann hat etwas gesehen, und er will aussagen, Namen nennen. Aber er ist nur ein Mann, und seine Worte werden weder von der Polizei noch von den Gerichten angehört. Wir befinden uns in Indien, dem Land der Ausgrenzung. Der Mann bleibt hartnäckig: Er glaubt an die Gerechtigkeit und wird nicht aufgeben. Zwei Jahre lang folgt der Journalist dem Mann, erforscht, was er gesehen hat, seine Familie, sein Umfeld und seine rechtlichen Schritte. Mit kleinen, eleganten und aussagekräftigen Strichen zeichnet er ein nuanciertes Porträt des bevölkerungsreichsten Landes der Welt. Eines der komplexesten und am schwierigsten zu beschreibenden. Rahul Bhatia gewinnt auf brillante Weise den ersten Preis für The Trials of an Indian Witness: How a Muslim Man was caught in a Legal Nightmare.

Der zweite Preis wird für eine Geschichte verliehen, die die Macht des beharrlichen Nachforschens veranschaulicht. Eine tiefgründige Reportage über das Unrecht, das einigen der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft angetan wurde, und das Versagen der Regierung, sie zu schützen. Elegant geschrieben, enthüllt sie Schichten der endemischen institutionalisierten Heuchelei und sozialen Doppelzüngigkeit. Der zweite Preis geht an die Geschichte eines Kinderarbeiters in einem Schlachthof in den USA, der in einem ausbeuterischen System gefangen ist, dem er nicht entkommen kann, und der durch seine Komplexität und die Darstellung von Widersprüchen zum Nachdenken anregt. Herzlichen Glückwunsch an Hannah Dreier für The Kids on the Night Shift.

Der dritte Preis geht an einen erschütternden, unvergesslichen Beitrag, der uns direkt in die blutverschmierten Zellenblöcke eines honduranischen Frauengefängnisses versetzt. Der Journalist rekonstruiert anschaulich ein Massaker an sechsundvierzig weiblichen Gefangenen durch rivalisierende Insassinnen. Durch eine Kombination aus mutigen Berichten aus dem kriminellen Untergrund und Interviews mit den betroffenen Frauen aus erster Hand vermittelt der Autor einen außergewöhnlichen Einblick in die chronischen Probleme Lateinamerikas mit Gewalt, Korruption und sozialer Ungleichheit. Der dritte Preis geht an Juan José Martinez d’Aubuisson für We, The Massacred.

True Story Awards-Gewinner Juan José Martinez d’Aubuisson/3. Preis (links) und Rahul Bhatia/1.Preis (Mitte) mit Moderatorin Carolin Roth (rechts). Bild: Meinrad Schade

Die Gewinnerinnen und Gewinner setzten sich gegen 33 weitere Nominierte durch, die in Bern anwesend waren. Insgesamt wurden 942 Beiträge aus 101 Ländern in 18 Sprachen eingereicht. Alle Nominierten werden ihre Arbeiten am Samstag und Sonntag im Rahmen des True Story Festivals an 40 Veranstaltungen im Herzen von Bern der Öffentlichkeit präsentieren.

Der True Story Award ist der erste global ausgerichtete Journalistenpreis, der Vorbild und Ansporn für Journalistinnen und Journalisten in aller Welt sein soll. Zudem sollen die Stimmen der Reporterinnen und Reporter über die Grenzen ihrer Heimatländer hinaus bekannt gemacht und damit die Vielfalt der Perspektiven in den Medien erhöht werden. Der True Story Award wird von einer unabhängigen Stiftung verliehen und würdigt die Arbeit von Reporterinnen und Reportern, die sich durch die Tiefe ihrer Recherchen, die Qualität ihres Journalismus und dessen gesellschaftliche Relevanz ausgezeichnet haben.

Die vollständige Liste der Preisträger:

ERSTER PREIS
Rahul Bhatia
The Trials of an Indian Witness: How a Muslim Man was caught in a Legal Nightmare
Originalsprache: Englisch
Erstmals veröffentlicht: Guardian Long Read, Vereinigtes Königreich, 2. März 2023

ZWEITER PREIS
Hannah Dreier
The Kids on the Night Shift
Originalsprache: Englisch
Erstmals veröffentlicht: The New York Times Magazine, USA, 25. September 2023

DRITTER PREIS
Juan José Martínez d’Aubuisson
We, The Massacred
Originalsprache: Spanisch
Erstmals veröffentlicht: Redacción Regional, El Salvador, 14. September 2023

Ehrende Erwähnungen 2024
Andreas Babst (Schweiz), Inside the Taliban’s Luxury HotelElaheh Mohammadi (Iran), A Country’s GriefFacundo Fernández Barrio, Miriam Lewin (Argentinien), The «Happiest Days» of Argentina’s RepressorsNemanja Rujević, Ingrid Gercama, Nathalie Bertrams, Tristen Taylor (Serbien), Parrots as valuable as Cocaine

19. April 2024

True Story Festival 2024

Das von Reportagen initiierte Festival geht in die nächste Runde.

Vom 24. bis 26. Mai findet wieder das True Story Festival statt. 45 Reporter:innen aus 25 Ländern reisen für ein langes Wochenende nach Bern, um Ihnen im Rahmen der Verleihung des True Story Awardspannende Einblicke in ihre Arbeit zu geben. Jetzt ist auf der Website des Festivals das Programm online. Dort können Sie auch Tickets für die einzelnen Veranstaltungen erwerben.

Seien Sie dabei, wenn am Freitagabend zum vierten Mal der True Story Award verliehen wird. Lassen Sie sich von Reporter:innen aus aller Welt bei den Veranstaltungen am Samstag und Sonntag an beeindruckende Orte mitnehmen: in ein Luxushotel in Kabul, das die Taliban übernommen haben; in einen Technoclub in der türkischen Stadt Gaziantep, in dem junge Syrer:innen gegen ihr Kriegstrauma antanzen; in eine Diamantenmine in Sibirien, zu Goldgräberstätten in der Sahara, zu einem indigenen Volk im Amazonas-Regenwald. Die Reporter:innen sind zugleich exzellente Beobachter:innen ihrer Herkunftsländer – lassen Sie sich die aktuelle Lage in der Ukraine, in Iran und Argentinien schildern.

Fragen Sie beim Speed Dating die US-Reporterlegende Jon Lee Anderson, warum er im Alter von 67 Jahren immer noch in Kriegs- und Krisengebiete reist – und in der Demokratie-Bar bei einem Getränk die Literaturkritikerin Nicola Steiner, ob durch Tiktok junge Leser:innen wieder in Kontakt mit guten Büchern kommen. Lernen Sie in Workshops, wie Sie besser schreiben – ohne KI, aber auch mit ihr. Erleben Sie am Samstagabend, wie Bühnen Bern die Geschichte eines Schweizer Mädchens, das ein Junge sein will, in einer szenischen Lesung auf die Theaterbühne bringt.

Als Initiator und Medienpartner wird Reportagen das True Story Festival eng begleiten. Im Vorfeld des Festivals können Sie auf reportagen.comausgewählte nominierte Geschichten exklusiv auf Deutsch lesen. Wir informieren Sie darüber in unseren Newslettern. Alle 36 nominierten Texte sind auf Englisch auf der Website des True Story Award frei lesbar. Beim Festival selbst werden unsere Redakteur:innen Panels moderieren – und beim kostenlosen Speed-Dating gerne Ihre Fragen beantworten.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch beim True Story Festival!

Die Redaktion

7. März 2024

Reportagen Sonderausgabe «Glück»

Es gibt Dinge auf dieser Welt, die wirklich gut sind. Dahinter stecken Menschen, die nicht müde werden, unser Dasein lebenswerter zu machen. Davon handeln die acht Geschichten aus den letzten 75 Ausgaben von Reportagen, die in einer neuen Sonderausgabe versammelt sind.

Seit 2011 publizieren wir alle zwei Monate eine neue Nummer von Reportagen. In 75 Ausgaben haben unsere Autorinnen und Autoren 450 wahre Geschichten aus allen Winkeln der Erde für Sie zusammengetragen. Dabei war an den Kriegen, Krisen und Katastrophen der Gegenwart oft kein Vorbeikommen, auch weil wir uns einem Journalismus verpflichtet fühlen, der mit erzählerischen Mitteln Missstände aufzeigt. In dieser Sonderausgabe von Reportagenhingegen werden von uns die kreativen und inspirierenden Seiten des Menschseins gefeiert. Jede der acht Geschichten aus dreizehn Jahren Magazin-Geschichte wird ihnen garantiert ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Sie handeln von Entdeckergeist, Liebe und Abenteuern des Alltags. Kurzum, es sind Reportagen, die glücklich machen! 

Die Sonderausgabe ist ab dem 7. März 2024 im Buch- und Zeitschriftenhandel erhältlich. Sie können das Magazin auch über unseren Shop erwerben. Es wird zum Erscheinungstermin versendet.

Goodbye Babylon Alle zwei Wochen stirbt eine Sprache. Unser Autor ist mit Dan Kaufman, dem Jäger der verlorenen Wörter, im New Yorker Stadtteil Queens unterwegs. Eine Geschichte aus den USA. Von Florian Leu

Das Geheimnis der Qualle Die Turritopsis-Qualle stirbt nicht. Ein japanischer Forscher ist ihrem Rätsel auf der Spur. Winkt uns ewiges Leben, wenn wir es lösen? Eine Geschichte aus Japan. Von Nathaniel Rich

Es begann im Aufzug Karin und Walter sind über achtzig Jahre alt, als die Liebe noch einmal anklopft. Sie beschert beiden einen unverhofften dritten Frühling. Eine Geschichte aus Deutschland. Von Sabine Riedel

Sharia Hotline Ein Paar ein Kind. Für Hilfe aus dem Labor muss die Frau nach islamischem Recht den Samenspender heiraten, wenigstens für eine Stunde. Eine Geschichte aus Iran. Von Amir Hassan Cheheltan

Ein Mann für die Tage Muruga erfindet eine Maschine für Menstruationsbinden. Sie gibt Frauen im bevölkerungsreichsten Land der Erde neue Freiheiten. Eine Geschichte aus Indien. Von Daniela Schröder

Melken für Anfänger Eine blutige Zitze, ein brünstiger Stier und ausbüxende Schweine: Zwei ahnungslose Städter hüten einen Bergbauernhof. Eine Geschichte aus der Schweiz. Von Urs Mannhart

Langohrs Bibliothek Im Norden des südamerikanischen Landes versorgt ein Lehrer auf dem Esel abgelegene Dörfer mit Büchern. Er gilt deshalb als Held. Eine Geschichte aus Kolumbien. Von Cristian Valencia 

Schach dem Slum Phiona spielt sich aus armen Verhältnissen Zug um Zug in die Königsklasse. Schach ist das Einzige in ihrem Leben, das sie beherrschen kann. Eine Geschichte aus Uganda. Von Tim Crothers

18. Februar 2024

Die Lage im Osten: Kriegsreportage aus der Ukraine

Exklusiv auf Deutsch publiziert bei Reportagen. In Zusammenarbeit mit dem regierungskritischen russischen Online-Medium Meduza.

Am kommenden Samstag jährt sich der Beginndes russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zum zweiten Mal. Was wissen wir über diesen Krieg? Und was wollen wir eigentlich wissen? Ein Eindruck ist: die Ukraine ist dabei, in den Hintergrund gerückt zu werden. Wenn zuletzt über den Krieg berichtet wurde, dann ging es oftmals um die europäische Verteidigungsfähigkeit im Fall eines russischen Angriffs. Oder um das «Interview», das der Verschwörungserzähler Tucker Carlson in Moskau mit Putin geführt hat. Dessen Botschaft: Hört einfach auf, der Ukraine Waffen zu liefern, dann ist es schnell vorbei. Experten analysieren das Kriegsgeschehen im TV, als handele es sich um eine Partie «Risiko». Wer es krachend mag, schaut sich Videos auf Tiktok oder X an, bei denen Drohnen der einen Seite zu dramatischer Musik Panzer der anderen Seite in die Luft jagen. 

Aber transportiert sich darüber noch, welches unermessliche Leid dieser Krieg über die Menschen in der Ukraine gebracht hat? Und täglich aufs Neue bringt? 

Für eine Geschichte, die wir unter dem Titel Die Lage im Osten auf Deutsch veröffentlichen, hat der russische Journalist Shura Burtin mit Menschen gesprochen, die diesen Krieg aus nächster Nähe erleben, weil sie ihn selbst führen müssen: ukrainische Soldaten. Im September und Oktober 2023 traf Burtin in Kiew und Kramatorsk knapp zwanzig Männer, mit denen er ausführlich über ihre Erlebnisse im Krieg sprach. Sie sind keine Berufskämpfer, fast alle wurden eingezogen oder meldeten sich freiwillig zum Militärdienst. «Sie waren», schreibt Burtin an einer Stelle, «vor zwei Jahren genauso friedliche Männer wie ich.»

Für seine Reportage über einen boxenden Lehrer, der im Tschetschenienkrieg zum Guerillakämpfer und Menschenrechtsaktivist wurde, hat der 1972 in Moskau geborene Burtin im Jahr 2019 den erstmals verliehenen True Story Award gewonnen. Seit Kriegsbeginn schreibt er – weiterhin für das regierungskritische russische Online-Medium Meduza – vor allem über die Not der ukrainischen Zivilbevölkerung. Nun hat er Soldaten zugehört: Dem Sanitäter Nikita, der davon erzählt, wie er einen Kameraden nach einem Raketeneinschlag zu retten versucht. Dem Drohnenpilot Dima, der im Kampf ein Bein verlor und den Rückhalt der Bevölkerung nicht mehr spürt. Seinem Freund Egor, der mit 55 Jahren im Schützengraben ausharrt und über die Situation an der Front sagt: «Es ist ein Kampf um jede Stellung. Direkt vor mir ist eine, etwa 300 Meter entfernt, die Russen haben sie gestürmt. Endlose Kämpfe, dann schlagen wir sie zurück. Dann greifen sie uns wieder an. Es ist Wahnsinn, Shura, es ist der reine Wahnsinn!»

Die Soldaten berichten eindrücklich von ihrem Überlebenskampf, von Konflikten und dem Zusammenhalt in ihren Einheiten, von Wunden, Ängsten und Entfremdung. Dabei herausgekommen ist eine Augenzeugen-Reportage in Buchlänge. Sie zeugt von der lebensbedrohlichen Lage, in der sich jeder einzelne Soldat und die Ukraine als Ganzes befinden. Womöglich braucht es diese drastische Einsicht zum Jahrestag dieses Krieges.